Buda und Pest, eine Liebe für die Ewigkeit

Die ungarische Hauptstadt wird auch gern das “Paris des Ostens” genannt. Diesem Vergleich hält Sie ganz locker stand. Statt Seine und Notre Dame fährt man dort über die Donau, blickt auf die St.-Stephan-Basilika und mit einer südländischen Mischung aus Puszta, Paprika und Parties verweist Budapest sein westliches Gegenstück auf die Ränge.

Vor allem aber sind die beiden Stadtteile Buda und Pest ein Gedicht in Sachen historischer Städtebau. Architekturliebhaber werden sich wie Alice im Wunderland fühlen, wenn sie zwischen Donauufer und Andrássy út hin und her flanieren. Dabei wird einem eines ganz schnell klar: Geschichte spielt für die Magyaren eine immens große Rolle. Im Gegensatz zu westlicher (bzw. westdeutscher) Siegerjustiz, die alles nur ansatzweise sozialistisch Aussehende aus dem Stadtbild raussprengt1, gehen die Ungarn den Weg des architektonischen Konsenses. Und das nicht nur in Sachen ehemaliger kommunistischer Ikonen. Diese sind genauso integriert und akzeptiert wie die Überbleibsel der einstigen österreich-ungarischen Dynastie. Die zweite Metropole der Habsburger, Wien, liegt stromaufwärts und ist nur 250km entfernt.

Noch näher an der ungarischen Hauptstadt, jedoch südlich und stromabwärts von Parlament, Kettenbrücke & Co., befindet sich ein Refugium der besonderen Art. Im Memento Park finden all jene Papp- und Stahlkameraden ihre letzte Ruhe, die in Zeiten von Stalin, Breschnew und Kádár mahnend und motivierend die Parks zierten und Straßen säumten. Täglich fährt um 11:00 ein Reisebus den Monumentpark direkt ab Budapests Deák Ferenc tér2 an. Ein kleines “Memento Park”-Schild hinter der Frontscheibe zeigt einem, ob man in den richtigen Bus steigt.

Nicht weit vom Deák tér sieht man auch schon die Turmspitzen der St.-Stephan-Basilika durch das Dächermeer durchluken. Die Basilika feierte 2005 ihr einhundertjähriges Bestehen. Ein Aufzug bringt Besucher auf einen der Türme. Von dort eröffnet sich eine ganz andere Perspektive der Donau-Metropole. Das Kircheninnere ist wegen Gottesdiensten und privaten Zeremonien allerdings relativ häufig eingeschränkt. Einen unverbauten Blick auf die herrliche Kuppel zu erhaschen ist allerdings nur selten möglich.

Unweit der Basilika steht der architektonische Star schlechthin: Das Parlament. Das gut 250m lange neogotische Gebäude besticht durch seine filigranen Fassadenelemente und die wunderschön arrangierte Kuppel, die ein ganz klein wenig an Florenz erinnert. Richtig spannend wird es allerdings wenn die Lichter angehen…

Die flanier- und cruising mäßige Hauptschlagader ist die Andrássy út, die nahe der Basilika entspringt und die Gegend um das Donauufer mit dem Heldenplatz und dem dahinter liegenden Stadtwäldchen samt Schloßpark verbindet. Unter ihr verläuft eine der Metro-Linien Budapests, die älteste U-Bahn Kontinentaleuropas, die Földalatti. Läßt sich die Sonne blicken und die Temperaturen steigen, dann verwandelt sich genau jener Stadtwald und natürlich auch die Margit-sziget (Insel) in einen open air Publikumsmagneten par excellence. Die Wohlfühlatmosphäre dort ist einfach ein unvergeßliches Erlebnis.

Die Donau steht trotz aller Attraktivität nicht gerade oben an wenn es um Abkühlung bestellt ist. Auch bei hohen Temperaturen haben in Sachen Schwimmen und Baden die Budapester Bäder die Nase vorn. Es gibt sogar richtige Parties die sich einzig und allein rund um, und vor allem im kühlen/warmen Nass abspielen. Die größte Anziehungskraft haben allerdings schattige Wanderwege, gesäumt von kleinen Ständen die Bier, Zuckerwatte und Eis unters Volk bringen. Im Stadtwald kann man im Falle eines Sonnenstiches dann die Kopfschmerzen gepflegt durch Kotzkrämpfe ala Achterbahn & Co. ersetzen lassen.

Den Sonnenuntergang vom Gellert-Hügel, von der Zitadelle und dem Unabhängigkeitsdenkmal aus zu erleben, ist etwas ganz Besonderes. Während die Wogen der Donau zwischen dem flachen Pest und dem hügeligen Buda ihre Bahnen ziehen und vom ein oder anderen Ausflugsdampfer durchschnitten werden, taucht die untergehende Himmelsscheibe die Fassaden nach und nach erst in ein tiefes Orange, dann in ein zartes Rosa welches letztlich in einem kräftigeren Violett versinkt. Kurz danach gehen peu à peu die Lichter an, als ob sie nur darauf gewartet hätten der blauen Stunde einen goldenen Anstrich zu verpassen.

Die ungarische Hauptstadt bietet genug, um locker eine Woche Urlaub in Anspruch nehmen zu können. Und selbst dann wird man nicht sagen können, dass man alles gesehen und erlebt hat. Ein kleiner, wenn auch eigentlich total un-ungarischer Tipp in Sachen Essen. Donatella’s Kitchen befindet sich in der Király út und bietet dem verwöhnten Gaumen wirklich sehr gutes italienisches Essen. In einer offenen Küche kann dem Koch über die Schulter geschaut werden, während hausgemachte Pasta und Pizza entstehen. Es wird viel Wert aufs Detail gelegt, so sind z.B. diverse sehr gute Olivenöle, auch mit Kräutern, Chilli oder Knoblauch sowie frischer Parmigiano eine Selbstverständlichkeit.

Neben aller Schönheit und urbaner Eleganz trifft man aber auch auf bitterste Armut. Auch das ist Budapest. Leider. Man wird im Straßenbild unweigerlich damit konfrontiert. Mit Nachtlagern die nichts weiter als eine Decke zwischen den Streben eines Hauseinganges sind. Oder aber das alte Mütterchen das aus Scham ohne Gesicht zu zeigen stundenlang in betender Pose auf dem Asphalt des Bürgersteiges ausharrt. Neben ihr ein Pappbecher mit ein paar wertlosen kleineren Münzen. Ein Euro sind ca. 250 Forint. 200 Forint sind die erste Banknote. Auch der sympathische Opa, auf einer Bank des Seitenstreifens der Andrássy sitzend, hat sich seinen Lebensabend bestimmt anders vorgestellt als Blumen aus eigenem Garten anzubieten. Man wird in Budapest zwar nicht mit einem Übermaß an Armut konfrontiert, die Schwere aber, der Fakt das vor allem ältere Menschen darunter leiden und das die Ungarn ein wirklich sympathisches, unaufdringliches Völkchen sind, lassen einem derartige Bilder sehr, irgendwie mehr zu Herzen gehen.

Ein paar Reisetipps. Der Minibus vom und zum Flughafen kostet pro Person ca. 4300 HUF für Hin- und Rückfahrt und ist damit eine gute Alternative für das teurere Taxi. Man wird direkt am Hotel abgesetzt, muß jedoch, auch wenn man schon ein Ticket besitzt, die Rückfahrt 24h zuvor telefonisch bestätigen. Die Tickets können an einem kleinen Schalter am Ein- bzw. Ausgang des Terminals erworben werden. Die Fahrer rufen dann die Passagiere destinationsweise auf. Die Billigflieger starten und landen am Terminal 1. Zwischen Terminal 1 und den zwei weiteren Abfertigungsgebäuden 2A/2B besteht für Fußgänger keine Wechselmöglichkeit.

*1 Siehe zum Beispiel das Schicksal der Berliner Leninstatue oder aber die Art und Weise, wie der Palast der Republik abgerissen wurde (bzw. wird)
*2 Oftmals einfach nur Deák tér genannt. Die Bushaltestellen sind in der Nähe des Floating Monument. Von dort starten auch viele Sightseeing Touren.

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