Kljutschewskoi und Tolbatschik – Die Vulkangiganten des Nordens


Apachontschitsch – Auf den Spuren der Vulkanologen

Die Aktivität des Lavadoms ist stark rückläufig. Lediglich zwei kleine Glutnester, ein wenig Ausgasen und, naja, irgendwie macht es keinen sonderlichen Sinn sich dort oben den Elementen des Wetters preis zu geben. Alexej empfiehlt uns nach Apachontschitsch (Апахончич) umzusiedeln, einer ehemaligen Vulkanologenbasis im Osten des Kljutschewskoi-Massivs. Von dort aus habe man Sicht auf sage und schreibe elf Vulkane und keiner von denen ist kleiner als 2800 Meter. Das ist doch mal eine Ansage! Also geht’s wieder zurück nach Kljutschi, zur Fähre, zum Wasser und Essen fassen, auftanken und auch zum Reifen reparieren.

Insgesamt fliegen uns drei Pneus auf unserer Reise um die Ohren. Obendrein musste Alexej irgendwo mitten im sibirischen Wald den Leck geschlagenen Kühlschlauch improvisiert flicken. Aber, er und sein 20 Jahre alter Mitsubishi L 300 sind Teufelskerle und wie für einander geschaffen. Sie haben uns überall heil hin- und auch wieder weggeschafft. Die Fahrt nach Apachontschitsch scheint endlos. Für mindestens fünf Stunden rumpelt man, die Sicht stark eingeengt von Wald und Büschen, immer der Nase nach über Stock und Stein. Irgendwann in den Abendstunden erreichen wir nach einer holprigen Fahrt durch ein trockenes Bachbett eine vor morbidem Charme nur so strotzende Holzhütte. Dort scheint die Zeit stehen geblieben und es stellt sich die Frage, ob die Hütte vor dem benachbarten, ca. 5 Meter hohen Lavastrom Halt machte oder er vor ihr.

Leider hat auch hier das Wetter die Vulkane fest im Griff und nur für sehr kurze Augenblicke lässt sich erahnen, welch unglaubliche Wucht der Anblick der Vulkangiganten Kljutschewskoi, Kamen und Besymjanny (Безымянный) birgt, der im Süden von der dramatisch-felsigen Vulkangruppe um die Owalnaja Simina (Овальная Зимина) und den Tolbatschik (Толбачик) abgerundet wird. Wir blicken rüber zum Schiwelutsch und sehen unseren mehr oder weniger inaktiven, großen Lavadom aus dem ein kleiner Zwillingsdom zu wachsen scheint. Aus letzterem qualmt es zur Überraschung aller jetzt ordentlich, die Schleppe aus Abgasen und Aschepartikeln zieht immerhin bis kurz vor die Tore des 60km entfernten Dorfs Ust-Kamtschatsk. Vielleicht war ja es mein Schutzengel der die vulkanische Aktivität runtergefahren hat während wir am Schiwelutsch am Rand der Schussrichtung des Lavadoms übernachteten.

Im Vergleich zu Kamtschatka ist selbst britisches Wetter nahezu paradiesisch und berechenbar.

Die über den Vulkanologen-Pass ins Tal drückende Wolkenfront, der Halo um die Sonne und die Sturmwolke über dem Tolbatschik sprechen eine eindeutige Sprache: in den nächsten 12 bis 18 Stunden wird sich das Wetter gehörig verschlechtern. Und so kam es dann auch und der Wanderausflug am ersten Tag bis zum Äußersten der alten Schlackekegel, begleitet von scheuen Vögeln und noch scheueren Hasen, blieb gleichzeitig der letzte.

Dann regnete es sich ein, kalt und üppig. All unsere Aktivitäten wurden jäh gestoppt. Alexej hielt dies nicht davon ab mitten in der Pampa sowohl Querlenker als auch Stoßdämpfer seines und damit unseres ca. 20 Jahre alten Mitsubishi L 300 erfolgreich auszutauschen. Hut ab! Fotos waren dort aber wetter- und somit lichtbedingt wieder mal nicht drin. Schon gar nicht von vulkanischer Aktivität, was im Fall des zurzeit aktiven, aber komplett im Wolkenbrei versteckten Besymjanny unser Herz gehörig bluten ließ.

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