Abel Tasman Nationalpark – Der Seelöwenspielsplatz mit holländischen Wurzeln

James Cook spielte bei der Erkundung Neuseelands unzweifelhaft die bedeutendste Rolle für uns Angehörige der westlichen Zivilisation, aber es war Abel Tasman von der holländischen Ostindien-Kompanie der bereits gute 100 Jahre zuvor das neuseeländische Festland als erster Europäer entdeckte und dessen Name in alle Ewigkeit eine Insel, ein Meer und eben auch Neuseelands kleinsten Nationalpark zieren. Letzterer Park ist an der Nordküste der neuseeländischen Südinsel zu Hause und sowohl landschaftlich als auch von der Tierwelt her ein buchstäblicher Garten Eden. Abgerundet wird dieses Paradies en miniature durch seine unmittelbare Nachbarschaft, das Cape Farewell und die Strände der Golden Bay, welche allesamt zu den Orten gehören die man als Neuseeland-Besucher unbedingt gesehen haben sollte.

In vier Wochen Neuseeland hatte ich lediglich einen Tag Regen. Das ist heute. Mein Bauchgefühl Kaikoura des schlechten Wetters wegen heute Morgen sehr früh verlassen zu haben war goldrichtig, denn keines der Schiffe fürs Whale Watching lief auch nur ansatzweise aus. Also fuhr ich und fuhr ich bis es nicht mehr ging, bis ich das westliche Ende der Nordküste der Südinsel erreichte. 400km sind jetzt nicht soooo die Welt, auf einer Straße aber die sich durch die Berge zwischen Nelson und Picton schlängelt, avanciert diese Strecke zum Tagesritt.

Während die Berghänge rund um Picton noch mit den tiefhängenden Wolken Pingpong spielen, reißt die Sonne kurz vor Nelson den Himmel buchstäblich auf. Der Planet brennt geradezu auf mich nieder. In einer Serpentine kurz hinter Havelock stehen zwei Laster und ein Sportwagen am Straßenrand. Letzterer ist deutlich demoliert und überholte mich vor einer Dreiviertelstunde wie eine gesengte Sau. Das Fahren auf dem State Highway 60 mit seiner Mixtur aus Kurven und vielen LKWs hat so seine Tücken.

Kaum das ich die Berge hinter mir gelassen und wieder die Küste, sprich Nelson erreicht habe, prasselt der Verkehr noch viel härter auf mich ein. Die Berliner B1 stadteinwärts zur morgendlichen Rush Hour ist ein Scheißdreck gegen das, was mich hier empfängt. Hier aber ist es mitten am Tag und was sofort auffällt ist, dass in jedem Auto nur ein Mensch sitzt; Touris sind das nicht. Nelson hat zwar die meisten Sonnenstunden Neuseelands, eine derartige automobile Knochenmühle brauche ich dann aber doch nicht.

Glücklicherweise haben die verkehrsbedingten Entgleisungen spätestens nach Ankunft in Motueka ein Ende. Die Stadt ist zusammen mit dem weiter westlich gelegenen Dorf Takaka das Tor zum Abel Tasman Nationalpark. Unglaublich wie sich binnen weniger Kilometer das Leben so derart drastisch, von Rastlosigkeit hin zu Entspanntheit ändern kann. Endlich kann man das genießen, wofür die die sonnenreichte Region der Südinsel bekannt ist und warum sich gerade dort die Obst- und Weinbauern territorial gesehen die Klinke in die Hand geben.

Es ist zwar schon später Nachmittag aber irgendwie zieht es mich magnetisch zum Cape Farewell, dem nordwestlichsten Punkt der Südinsel wo die Tasmanische See beginnt mit dem Pazifik zu verschmelzen. Mittlerweile haben mich die Wolken denen ich entfloh eingeholt und am Wharariki Strand angekommen ist der Himmel bereits Schauplatz eines Kampfes zwischen von der See kommenden dunklen Regenwolken und der die Schlechtwetterfront knackenden Sonne.

Letzten Endes verlor die Sonne an diesem Abend jenen Kampf und auch wenn es nur wenige Stunden waren, so trommelt in der darauf folgenden Nacht endlich ein lang ersehnter Regenguss auf die umliegenden Dächer. Hier oben ist Südneuseeland zum Glück nicht so verbrannt wie anderenorts, dennoch merkt man auch hier den Regenmangel des Sommers 2013.

Der Niesel komplettiert das Abenteuer und der Spaziergang entlang des Wanui Rivers hin zu den Wanui Falls avanciert zum Durchqueren dichten Dschungels nebst Überqueren eines Flusses mittels einer Seilbrücke. Man fühlt sich wie Indiana Jones persönlich.

Der Wanui River ist durch das mitgeführte Sediment bräunlich gefärbt und erinnert eher an den Chemieunterricht denn an kühles Nass. Der Nieselregen und nicht zuletzt die Gischt des herab stürzenden Wassers verwandeln den Weg bis zu dem Punkt wo sich der Fluss 10 Meter tief von einem Felsen stürzt, in eine ziemlich glitschige Angelegenheit.

Aber dann ändert sich das Wetter und die Sonnenstrahlen brechen bereits mehr und mehr das dichte Blätterdach. Wie es jetzt wohl an der Küste aussehen mag? Die an Kraft gewinnende Sonne mobilisiert meine Neugier und ich mache mich auf den Weg zurück, um der Straße nach Totaranui folgend den gleichnamigen Strand zu erreichen, welcher sich als absolutes Kleinod entpuppt.

Der Sand des Totaranui Beach ist derart satt golden, dass man ihn des Namens wegen eher in der Golden Bay vermuten würde. Speziell der nördliche Bereich des Strandes, wo die Felsen das Regiment übernehmen und wo sich ein kleiner Süßwasserfluss den Weg gen Meer bahnt, wird es besonders interessant. Die geschwungenen Linien der ausgewaschenen, teilweise bewachsenen Felsen auf goldenem Grund und mit dem teils tiefblauen teils türkisen Ozean im Hintergrund ist ein Augenschmaus par excellence.

Die dem Strand vorgelagerten Dünen sind eine ideale Landebahn. Soeben scheint der Tower wohl Landefreigabe erteilt zu haben, denn wie an einer Perlenschnur kommen Kormorane herangesegelt um sofort nach der Landung ihre Flügel auszubreiten und ihr Gefieder nach der Jagd zu trocknen. Die von den Maoris Kawau genannten Vögel scheinen recht entspannt zu sein, oder vielleicht einfach nur vollgefressen, immerhin lassen sie mich bis auf wenige Meter heran und es entstehen ein paar schöne Einzelaufnahmen.

Die Küste des Abel Tasman Nationalparks kann man sich wunderbar erwandern oder sogar per Kajak erpaddeln. Letztere Variante führt logischerweise immer entlang der Küste und offenbart einem die Schätze der marinen Fauna Südneuseelands und es ist schon verdammt schwer dort keinen Seelöwen anzutreffen. Mit ein wenig Glück ist es dann sogar der Nachwuchs, den ich sogar zu acht angetroffen habe, als sie in einem kleinen von der offenen See getrennten Becken nebst kleiner Höhle im Fels rumspielten.

Der Rasselbande beim Herumtollen zuschauen zu dürfen war ein emotionales wie optisches Fest! Die großen Kulleraugen der kleinen Racker lassen jedes menschliche Herz binnen Sekunden schmelzen und so verbrachte ich mehr als einen halben Tag in ihrer Gegenwart, wovon sich die kleinen Kerle nicht einmal ansatzweise beeindrucken ließen.

Einige der kleinen Seelöwen waren nicht älter als 2-3 Monate, konnten aber bereits schwimmen als hätte sie nie etwas anderes im Leben gemacht. Sie spielten als gäbe es kein Morgen; tauchten unter mir hindurch, schwommen cooler als Fonzie in Rückenlage vorbei um dann Unterwasser wieder auf Teufel kommt raus Speed zu geben und umher zu springen wie Delfine.

Selbstredend, dass die Kamera bei derart drolligen Kerlen Überstunden schieben muss und selbst die größten Speicherkarten allmählich zur Neige gehen. Seelöwen sind auch nur Menschen, zumindest was Launen anbelangt, denn während die Kleinen ne Bombenstimmung verbreiten können die Senioren schon mal ein wenig grimmiger unterwegs sein. Manchmal lassen sie den Fotografen, wie am Wharariki Beach mit seinen Steinbögen geschehen, unglaublich nah heran, so dass coole Weitwinkelaufnahmen entstehen können.

Manchmal aber fühlen sie sich schon bei einer Distanz von gut 200 Metern bereits gestört und gehen verteidigungshalber auf Angriff. Dann sollte man es nicht auf Konfrontation anlegen, denn Kiefer gebaut um Schalentiere mittels scharfen Zähnen knacken zu können, vermögen es locker menschliche Finger abbeißen zu können. Und auch die Junioren haben Kraft.

Westlich vom Abel Tasman Nationalpark ist Südneuseelands nördlichster Punkt zu finden, das Cape Farewell, wo die Tasmanische See sukzessive beginnt in den Pazifischen Ozean überzugehen. Die Gegend wird von aufgefalteten Kalk- und sehr festen Sandsteinfelsen dominiert. Letztere werden wiederum von Wetter und Wellen teilweise ausgewaschen und formen am Strand wunderschöne Klippen und Bögen die sich bei wenig turbulenter Brandung wunderschön im wieder abfließenden Wasser auf dem Strand spiegeln. Neugierig bleibt beim Einfangen dieser Szenerie eine junge Möwe stehen und glotzt Kamera nebst Fotograf an wie das sprichwörtliche Schwein ins Uhrwerk :-)

Doch gibt es nicht nur Strand zu sehen. Die Umgebung rund um Puponga, dem letzten Dörfchen vor dem Nordende der Südinsel, ist sehr grün und ein Paradies für Schafe. Überall sieht man die vierbeinigen Wolllieferanten, bzw. deren Hinterlassenschaften und es mag der Eindruck entstehen das Schaf sei Neuseelands Exportschlager Nummer eins. Nun ja, in Sachen Wolle, speziell Merinowolle, mag das stimmen, in Sachen Fleisch aber steht Hirsch an der Pole Position, denn die Fleischpreise für Hirsch schwanken nicht so stark wie die von Schaf und Lamm.

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