Hagia Sophia – Die Moschee die eine Kirche war

Die über 1.000 Jahre alte, am Schnittpunkt zwischen Europa und Asien erbaute Hagia Sophia beherbergt auch heute noch die größte Kuppel der Erde. Sie ist die letzte der spätantiken Großkirchen, diente sowohl als Haupt- und  Krönungskirche des alten Byzanz und seiner Hauptstadt Konstantinopel, dem derzeitigen Istanbul, sowie als omanische Hauptmoschee. Die heutige Ayasofya ist ein weltweit einzigartiges Museum, zeigt es doch neben atemberaubender Architektur vor allem die wechselhafte Geschichte des Aufeinandertreffens von Christen und Muslimen.

Istanbul ist eine meiner liebsten Städte und wann immer ich das alte Konstantinopel besuche, schaue ich mir auch die Hagia Sophia an. Langweilig wird das nicht, denn jedes Mal aufs Neue beeindruckt das über 1.400 Jahre alte Gebäude mit seiner vielschichtigen Historie als auch imposanten Architektur. Viel spannender und schöner finde ich allerdings die Reaktion meiner Freunde wenn ich ihnen diesen Schatz der Menschheit zeige, wenn sie durch die meterhohen Pforten schreiten und der sich ihnen offenbarende, bombastische Innenraum die Kinnlade buchstäblich runterklappen lässt.

Seit meiner großen Orientreise im Jahr 2007, auf der ich sogar das Vorkriegs-Syrien sehen durfte, besuche ich Istanbul regelmäßig. Und da ich zwischen 2007 und 2017 insgesamt vier verschiedene Kameras benutzte, reflektieren diese 10 Jahren auch die Qualität von sowohl meiner Technik als auch fotografischen Können. Nur in 2013 hatte ich das große Glück, den Innenraum der Hagia Sophia einmal in voller Schönheit, sprich ohne das de facto omnipräsente, große, dunkle Stahlgerüst im Inneren bestaunen zu dürfen. Diese Aufnahmen kann und darf ich natürlich niemandem vorenthalten; was auch dem türkischen Tourismusverband auffiel als er Istanbul sowie die Hagia Sophia mit meiner Weitwinkelaufnahme des Innenraums bewarb.

Die Geschichte der Hagia Sophia beginnt früh, denn vor ihrer Zeit standen an ihrem Ort bereits zwei andere Kirchen. Diese Vorgängerbauten datieren zurück bis ins Jahr 325, der Zeit Konstantin des I. Beide Kirchen wurden Feueropfer von Aufständen. Kaiser Justinian muss davon wohl tierisch die Nase voll gehabt haben, denn seinen Plänen ist die heutige gewaltige Kuppelbasilika zu verdanken. Und anders als im Berlin des 21. Jahrhunderts, wo Fachleute ihre „Qualität“ beim ewigen Bau des BER-Flughafens offenbaren, wurde der gewaltigste Kuppelbau der Menschheit in kurzer Zeit fertiggestellt. Dieser Superlativ rekrutiert sich aus dem Fakt, mit 32 Meter Spannweite die größte über nur vier Tragepunkten erbaute Kuppel zu haben.

Istanbul ist die einzige Metropole der Welt die auf zwei Kontinenten liegt und die tektonische Trennlinie zwischen Europa und Asien liegt direkt vor der Türschwelle der Hagia Sophia. Die Erdbeben zeigten natürlich ihr Gesicht und so stürzte die gewaltige Kuppel zweimal ein. Im Jahr 562, und damit noch zu Lebzeiten Justinian des I., konnte die neue, verstärkte Pendentifkuppel eingeweiht werden. Neben kleinen Änderungen an der Stabilität ist das jene Kuppel, die wir heute Wesentlichen noch erleben dürfen.

Vom Christentum, von der oströmischen Kirche findet man noch heute Zeugnisse in der Hagia Sophia. Sei es die Architektur, oder aber die vom natürlichen Sonnenlicht in goldenen Glanz versetzten Mosaike. Zum Beispiel das Stiftermosaik, welches die Jungfrau Maria in der Mitte, umgeben vom Kirchenstifter Justinian und Kaiser Konstantin, dem Stadtgründer Konstantinopels, zeigt. Nicht weit davon entfernt kann man an der Südempore das Deësis-Mosaik mit Jesus Christus als Pantokrator sehen. Und auch die knapp unterhalb der Kuppel befindlichen vier Seraphen zeugen von dieser Zeit. In Istanbul ist übrigens ein weiteres, derartiges frühchristliches Kleinod zu finden: die weltweit einzigartige Chora-Kirche.

Konstantinopel fiel im Jahre 1453 an Sultan Mehmed II. und damit an die Osmanen. Sie veränderten die Hagia Sophia zu einem der ihren Gotteshäuser, sprich sukzessive kamen die vier Minarette hinzu, christliche Insignien wie das Kreuz wurden teilweise durch muslimische wie den Halbmond ersetzt. Es wurden Ikonen, Mosaike, der Altar zerstört oder aber verschleppt. Glücklicherweise wurde manches, zum Beispiel die zuvor genannten Mosaike, nur überputzt. Dem Inneren wurden die Moschee üblichen Dinge wie Mihrab und Minbar, sowie ein Teppich und eine Sultansloge hinzugefügt.

Es ist Atatürk zu verdanken, dass die Hagia Sophia im Jahre 1934 in ein Museum umgewandelt wurde. Dabei wurde dem geschichtlichen Kontext der Hagia Sophia höchste Priorität eingeräumt. Das heutige Museum stellt nahezu perfekt die kontinuierliche Nutzung als religiöse Stätte zur Schau. Vielleicht ist das ein Geschenk Gottes…

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