Schwefelmine und Säuresee – Indonesiens Tanz auf dem Vulkan

Auf unserem Globus gibt es einige wenige Plätze, wo die Kräfte der Erde nahezu ungebremst auf die Zivilisation prallen. Indonesien gehört zweifelsohne dazu, denn nirgendwo sonst in der Welt wagt das irdische Leben derart oft und auf engstem Raum den buchstäblichen Tanz auf dem Vulkan. Wie eine Schlagader durchläuft ein Ableger des pazifischen Feuerrings die Inselkette und transportiert den seismischen Herzschlag direkt vor die Haustür. Katastrophen apokalyptischen Ausmaßes fanden hier statt: die Explosionen des Toba-Sees, der Vulkane Tambora und Krakatau, sowie nicht zuletzt das Seebeben und der dramatische Tsunami vom 26.12.2004
Die Einheimischen nennen die Feuerberge allgemein nur Gunung, was lediglich Berg bedeutet und relativ harmlos klingt. Vielleicht ist das auch gut so, denn dieser harmlose Begriff blendet die Gefahr die von Vulkanen ausgeht ein wenig aus, denn keine der Sunda-Inseln nimmt sich vom direkten Leben am und ums magmatische Feuer aus. Im Gegenteil, Indonesien gehört zu den am dichtesten besiedelten Orten der Welt. Allein auf Java leben rund 130 Millionen Menschen im Schatten des zerstörerischen Potentials von ca. 20 aktiven Vulkanen; darunter einflussreiche Kandidaten wie der Merapi, der Semeru oder aber der Kelut. Selbst der Krakatau ist mit dem Anak Krakatau, was soviel wie Nachkomme des Krakatau bedeutet, wieder im Rennen. Letzterer ist zwar eine vorgelagerte Insel und damit so gesehen weit weg vom zivilisatorischen Geschehen, die Kombination von Magma und Wasser allerdings zählt zu den explosivsten Kombinationen überhaupt. Eine Kombination mit oftmals globalem Effekt.

Die gelbe Hölle des Ijen und die Soldaten des Schwefels

Wie Jeff Goldblum in Jurassic Park schon sagte: “Das Leben findet immer einen Weg.” Und so arrangieren sich die Menschen jeden Tag aufs Neue mit dem seismischen Pulsschlag der Erde. An Orten wie dem Ijen Vulkan in Ostjava profitieren sie sogar von ihm. Hier sind die Gase aus dem Erdinneren derart schwefelgesättigt, dass es sich lohnt das Gas in Röhren zur Abkühlung zu bewegen, um den sublimierten, hochreinen Schwefel dann abzubauen. Streichhölzer sind nur eines der Endprodukte des Schwefels aus Java. Der Abbau geschieht in Handarbeit, ohne Gasmaske, ohne Transportmittel. Tief eingeatment, verursachen die umgebenden Schwefeldämpfe augenblicklich einen stechenden Schmerz in der Lunge. Dabei dann mit dem Brecheisen große Brocken abzubrechen, und die gewonnene Schwefelfracht auf dem Rücken in teilweise bis zu 80kg schweren Ladungen über den Kraterrand zu wuchten, um diese dann kilometerweit ins Tal zu schleppen, ist mit dem Wort Knochenarbeit noch sehr wohlwollend umschrieben. Mit 2 bis 3 Euro pro Ladung ist dieser Tod auf Raten allerdings besser bezahlt als viele andere Jobs auf Java. An Nachfolgern oder Risikobereitschaft mangelt es daher nie.

Die Kraterseen des Kelimutu

Weiter östlich gibt es auf der Insel Flores mit den Kraterseen des Kelimutu ein weiteres vulkanisches Highlight. Von Komodo kommend, ist der Kelimutu am besten über das Städtchen Ende zu erreichen. Kommt man mit dem Flieger aus Bali, ist meistens Maumere der Startpunkt für Exkursionen. Egal ob die Anreise von Westen oder Osten erfolgt, das Städtchen Moni, direkt am Fuße des Berges, ist der eigentliche Ausgangsort. Der letzte Ausbruch des Kelimutu datiert auf 1968 und seitdem liefen die drei Krater des Vulkankomplexes ungehindert mit Wasser voll. Durch die Mineralienanteile im Wasser und deren chemische Interaktion untereinander, verfärben sich die Seen in regelmäßigen Abständen von türkis, über grün bis hin zu rotbraun oder gar schwarz. De facto sieht es nach jeder Regenzeit anders aus. In Sachen Infrastruktur ist der erloschene Kelimutu erstaunlich gut erschlossen. Es gibt ausgeschilderte Wege und sogar eine Besucherplattform. Das einzige “Manko”: um die Mystik dieses Ortes aufzusaugen zu können, muß man super früh aufstehen, sprich um 4, wenn nicht sogar schon um 3:30 Uhr. Den Sonnenaufgang dann aber vom Kraterrand aus erleben zu dürfen, entschädigt aber für alle Mühen.

Touristenschlacht an der Tengger Caldera

Anderenorts wird auf andere Weise Kapital aus dem vulkanischen Herz Indonesiens geschlagen. Das vier- bis fünffache des üblichen Preislevels ist Standard wenn man die Tengger-Caldera in Ostjava besucht. Der Preis kann aber auch zusätzliche Bonbons wie z.B. ein morgendliches Scharmützel mit verteidigungsbereiten Holländern beinhalten. Irgendwie hat man das Gefühl, dass der in Mallorca mit Handtüchern ausgetragene anglo-germanische Kampf um die besten Liegestühle um die Ecke schaut. Nichts desto trotz ist der Nationalpark rund um die Vulkane Bromo und Semeru einer der wichtigsten und auch schönsten Anlaufpunkte des Landes. In der Morgendämmerung ist das Panorama der erodierten und ineinander geschachtelt wirkenden Vulkankegel nebst Bodennebel und spektakulären Himmelsfarben einer der mythischsten Orte der Welt.

Sunda, die Straße am Feuerberg

Wenn Magma direkt auf Wasser trifft und das auch noch in Größenordnungen, dann werden apokalyptische Kräfte freigesetzt und die uns bekannte Welt auf den Kopf gestellt. So geschehen 1883 beim Ausbruch des in der Sunda-Straße gelegenen Krakataus, der jegliches Leben an den Küstenstreifen der angrenzenden Inseln Java und Sumatra von der Landkarte fegt. Doch auch an solche Orte kehrt das Leben zurück und wenn der Vulkan schweigt, dann hat man alle Zeit der Welt sich dieses Comeback in Ruhe anzuschauen.

Von Flores nach Jakarta – Eine Reise über die Sunda-Inseln

Das Städtchen namens Ende kann zugleich auch der Anfang einer Reise sein, zum Beispiel über die indonesischen Sunda-Inseln gen Osten Richtung Jakarta. Auf dem Weg zur Hauptstadt Indonesiens kommt man garantiert mit den unterschiedlichsten Menschen in Kontakt und kann hinter die Kulissen derart klangvoller Namen wie Bali oder Komodo blicken. Indonesien, das steht auch stellvertretend für Vulkane, Gase und Erdbeben. Im ersten Moment klingt das irgendwie nach einem wenig einladenden Landstrich, aber wer weiss, nachher hatten die Vulkane sogar ihre schöpferischen Hände mit im Spiel, als sich einzigartige Hochkulturen wie kunstvolle Batik, religiöse Großtempel und das filigrane alt-indonesische Schattentheater entwickelten.

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