Jaipur – Rajasthans Rosaroter Panther

Das die Netzhaut kitzelnde Rosarot ist in Rajasthan traditionell die Farbe der Gastfreundschaft. In Jaipur, der Hauptstadt der Rajputen, wurde gar die komplette Altstadt in dieses symbolträchtige Farbgewand gehüllt. Jaipur ist dabei wie ein Panther auf dem Sprung: anmutig und voller Energie zugleich, ist quirliger Lebensmittelpunkt von über 2 Millionen Menschen, ist Universitäts- und Industriestadt ebenso wie kulturgeschichtliche Lichtgestalt. Das Schaffen des Maharajas Jai Singh II. bescherte Jaipur einen Reichtum an imposanten Bauten wie dem Palast der Winde, dem Palast des Wassers, der größten Sonnenuhr der Welt sowie beeindruckenden Festungen wie dem pittoresken Jaigarh Fort oder aber wehrhaften Nahargarh Fort.

Es ist Trockenzeit. Am Abend in Jaipur angekommen, sorgt ein Sturzregen auf den Straßen für derart große Pfützen, dass die kleinen Tuk-Tuks bereits wie Amphibienfahrzeuge aussehen wenn sie die Fluten durchqueren. Auch am Morgen danach will sich die Sonne nicht wirklich blicken lassen. Ein Fotograf ohne Licht fühlt sich schlimmer als George W. Bush ohne Krieg und Lüge, von daher war eine Ayurvedamassage angesagt, die man in Jaipur ohne Probleme bekommen kann. Volles Programm für korrektes Geld.

Auch der zweite Tag begann wolkenverhangen, was die fotografische Seele nah in den Suizid brachte. Doch binnen 20 Minuten reißt der Himmel auf und gibt der Sonne die Gelegenheit das Amber Fort als auch den auf dem Weg befindlichen Wasserpalast in Szene zu setzen.

Ali schwingt sich in sein Tuk-Tuk und bringt mich schnurstracks zu beiden Orten. Auf dem Weg dorthin versetzt mich das Anhalten bei einer auf Rot stehenden Ampel in Erstaunen, es ist das erste Mal in Indien. Auch ist Jaipur verglichen mit anderen indischen Städten relativ sauber.

Kaum ist die Sonne draußen, rollen die Touristenbusse ins Amber Fort ein wie die 7. Russische Panzerdivision und starten das historische Gemäuer mit Besuchern zu fluten. Als Transportmöglichkeit der besonderen Art kann der steile Weg auf dem Rücken eines Elefanten zurückgelegt werden. Die Tiere reihen sich dicht aneinander und befördern die Menschenmasse auf den Berg. Ein Blick in das Auge des Dickhäuters aber verrät wie sehr das Tier leidet. Angemalt wie ein Pfingstochse, stoisch und wie mit Scheuklappen ausgestattet, blickt das stolze Tier gebrochen aufs Pflaster, während sein Besitzer es von oben herab dirigiert.

Sonderlich spannend sind die Räume des Amber Forts nicht gerade eingerichtet. Hier und dort wird man Zeuge der ewigen und in Stein geritzten Liebe von Anish und Kehala, wer allzu neugierig ist und allen Gassen folgt, landet auf dem ein oder anderen versteckten Klo. Auf der anderen Seite ist es genau das, das grenzenlose Ausleben von Neugier, dass das Amber Fort so interessant macht. Natürlich sind da auch die zwei „Grazien“ aus dem nahen Dorf, die fürs Ablichten umgerechnet satte 2 Euro verlangen und einem dafür auch durchs gesamte Fort wie zwei Schmeißfliegen folgen.

Einen Ort wie das Amber Fort unorthodox erlebt zu haben und andere Wege zu gehen wirkt ein Leben lang. Von daher, ganz ehrlich, lass den indischen Bullen in die Trillerpfeife pusten bis er schwarz wird und um im Dreieck springen, außer einem „Du, du!“ kommt da nicht viel. In der dem Osten zugewandten Seite des Amber Forts finden sich sowohl auf der Nord- als auch der Südseite Räume deren Decken mit klassischen Ornamenten verziert sind. Viele der Touristen rennen derart fokussiert durch den Palast ohne diese Perlen zu bemerken.

Oberhalb des Amber Forts krönt das Jaigarh Fort imposant den weiter ansteigen Hügel. Von dort oben hat man eine fantastische Fernsicht, kann die die Forts umlaufende Mauer in Gänze betrachten und den Garten des Maharadschas genießen. Kaum hat man das Jaigarh betreten, „kümmern“ sich die das Fort bewachenden Militärs rührend um einen; was natürlich aus nicht ganz freien Stücken geschieht, denn die Möglichkeit 50 Rupien zu verdienen lässt die Uniform schnell vergessen.

Das Jaigarh Fort beherbergt die größte klassische Kanone der Welt. Um die 50kg wiegende Kugel so abzufeuern, dass sie in 35km Entfernung einschlug, wurden 100kg Schwarzpulver benötigt. Das Ungetüm wiegt satte 250t und wurde nur einmal zu Testzwecken abgefeuert, wobei herzschwache Soldaten des immensen Drucks wegen starben.

Der Palast Jai Singhs II. ist das dominierende Element der Altstadt. Sein östliches Portal wird der vielen Fenster wegen auch Windpalast genannt. Damals war das Überqueren der Straße und Erreichen des Observatoriums wohl nicht von der Angst geprägt überfahren zu werden. Eine Kuh müsste man sein…

Kühe kämen wohl aber nicht in den Genuss ins Observatorium gelangen und die größte Sonnenuhr der Welt anschauen zu können. Die Uhr ist so konzipiert, dass die Erdkrümmung keine Rolle spielt, also überall auf der Welt die gleiche Zeit angezeigt wird. Mit einer absoluten Abweichung von maximal 3 Sekunden pro Jahr verweist diese Uhr ihre digitalen Kontrahenten auf die Plätze.

Wer Lust hat sich vom Affen beißen zu lassen, kann sich gern den hinduistischen Monkey Temple, eigentlich ein Tempel zu Ehren des Sonnengotts Surya, anschauen. Wer dann noch den Fehler macht und den Jungs unten am Eingang Erdnüsse abkauft, wird die Viecher unter Garantie nicht wieder los. Auch sollte man nicht so ohne weiteres seine Schuhe liegen lassen, wenn man den Tempel betritt. Die Aussicht von dort oben ist allerdings klasse.

Auch mein Fahrer Ali schleppt mich zu einem Händler. Erst skeptisch über die Türschwelle tretend, fangen meine Augen beim Anblick der wunderschönen, äußerst qualitativen Teppiche und Pashmina Schals an zu leuchten. Diese Farben…! Die Güte er Waren ist außergewöhnlich und mit maximal 20 Euro pro Schal (je nach Muster, Farbe, Material) mehr als erschwinglich. So auch der Teppich, den ich nach 5 stündiger Verhandlung und gefühlten 4000 Tassen Tee mein Eigen nennen darf. Kaschmir und Seide zum darauf laufen mit grandiosen Farben und Leuchtkraft.

Freunden kulinarischer Genüsse sei das Venus und deren Chicken Tikka Butter Masala auf Basis von Joghurt, sowie das Rainbow Restaurant mit seinem genialen Rice Chicken Biryani empfohlen. Auch das Moti Mahal Deluxe macht einen guten Job, und ein besseres Fischcurry, als man es in Bengalen serviert bekommt. Der Tee in Rajasthan wird übrigens mit Ingwer zubereitet. Auf Wunsch kann man noch ein wenig schwarzen Pfeffer mit hinein bekommen. Lecker!

Ali, vielen Dank! Du hast meinen Indien-Trip und die damit verbundenen Eindrücke gerettet. Von Dir aus eigenem Antrieb wie ein Mensch, also nicht finanziell zu melkender Touri behandelt zu werden, war Balsam für meine durch Abzocke gequälte Seele. Wer den kleinen verlässlichen Kerl kennenlernen will meldet sich einfach per Email JaipurAli@hotmail.com oder funkt ihn an +91 9829 1198 76. Ich gebe für wenigen Menschen meinen Namen und meine Empfehlung her, aber dieser Mann hat sich sie redlich verdient!

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