Noria – Hamas antike Wasserradgiganten

Schaut man sich die Gegend um Hama (حماة) aus dem Weltall an, dann zieht sich der Orontes wie ein grünes Band durch den kargen Boden. Die Leben spendende Eigenschaft dieses Flusses machten sich die Altvorderen zu Nutze und bauten Bewässerungsanlagen deren archaische Pumpstationen in Form riesiger hölzerner Wasserräder, Norias genannt, noch heute eine Stimmung verbreiten wie vor hunderten von Jahren.

Hat man Hama erreicht, kann man den Orontes eigentlich nicht verfehlen. Zu einen dominiert der Fluss das Stadtbild genauso wie die Spree in Berlin, zum anderen ist er in Monaten mit Niedrigwasser alles andere als unüberriechbar. Den Enten scheint die suboptimale Wasserqualität allerdings nichts auszumachen. Diese nehmen unweit der Wasserräder fröhlich schnatternd und kopfüber sich in die undefinierbare Brühe stürzend ein ausgiebiges Bad. Hoffentlich gibt’s heute Abend kein Geflügel…

Folgt man dem Verlauf des Flusses findet man entlang seines Betts dann auch die unterschiedlichsten Wasserräder, die damals mit Kübeln ausgestattet das Wasser ein oder zwei Etagen höher hievten. Im arabischen Raum gelten die Norias von Hama als die schönsten jemals gebauten und mit bis zu 30 Metern Förderhöhe sind sie obendrein die weltweit höchsten ihrer Bauart. Ein Eintrag in die Liste des UNESCO Weltkulturerbe ist seit langem beantragt und hoffentlich werden die Norias dort aufgenommen.

Leider kommt man an viele der Wasserräder nicht direkt ran, kann sie nur mit dem Teleobjektiv heranholen. Dennoch erkennt man, dass viele von ihnen ausgebessert sind, sprich Leute um den Erhalt der Holzgiganten kümmern. Da die Räder ein beachtliches Alter vorweisen können wäre es sicherlich nicht uninteressant in Erfahrung bringen zu können, wie viel Holz ein solches Riesenrad bis dato verschlungen hat.

Spaziert man durch die Altstadt und orientiert sich entlang der Uferlinie, dann dauert es in der Regel nicht lang und man macht die erste Bekanntschaft mit den Norias (ناعورة). Je nach Wasserstand sind dann die Schieber geöffnet und lassen die Räder laut knarrend ihre Runden drehen. Bei nahezu allen Rädern ist sogar noch das Aquädukt sichtbar, dass das geförderte Wasser einst auf die Felder transportierte. Heutzutage drehen sich die Räder allerdings nur noch aus ästhetischen Gründen.

Eine der Brücken über den Orontes bietet die Perspektive gleich drei Wasserräder, davon zwei große sehen zu können. Hinzu kommen die arabische Architektur der Altstadt und ein Minarett, dessen Spitze grün, die Farbe des Islam, illuminiert ist. Ein Anblick der orientalischer nicht sein könnte. Es dauert nicht lange und Menschen gucken mir neugierig über die Schulter.

Unter diesen Menschen ist auch eine Mutter mit ihrer Tochter. Obwohl ich normalerweise nur wenig Menschen in meinen Fotos zulasse, „flirten“ die beiden mit mir, erweichen mich um ein Selfie vor den Wasserrädern bekommen zu können. Wie könnte ich solch liebes Fragen ignorieren? Gesagt getan, dauert es keine einzelne Auslösung und der Selfie-Versuch wird von den restlichen Leute zerbombt :-) Heute, in Zeiten des syrischen Bürgerkriegs muss ich mich aber ernsthaft fragen, ob alle Menschen noch unversehrt und am Leben sind.

Verwendete Fototechnik: Canon EOS 20D, Canon EF-S 10-22 f/3.5-4.5, Tamron 17-50 f/2.8, Tamron 28-75 f/2.8, Sigma 80-400 OS f/4.5-5.6

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