Wale in der Wüste – Die Felsmalereien von Tsodilo Hills und Twyfelfontein

Der schwarze Kontinent kann auf eine sehr weit zurück reichende Geschichte blicken, denn unter allen Erdteilen unseres Planeten ist Afrika am längsten vom Menschen besiedelt. Zeugnisse dessen sind die diversen Funde von Felsmalereien. Zwei dieser weltweit einmaligen Orte sind die Tsodilo Hills in Botswana und die Bergregion von Twyfelfontein in Namibias Damaraland. Beide Orte waren Stationen des Nomadenvolks der San und Khoikhoi, die heutzutage als Buschmänner bekannt sind. Ihre Felsmalereien und Gravuren überdauerten die Jahrtausende und sind heute ein UNESCO Weltkulturerbe. Es heißt nicht umsonst „Es begann in Afrika…

Die Landschaft Botswanas ist nicht gerade hochalpin, von daher muss man sich schon ziemlich dumm anstellen den weithin sichtbaren, spitz zulaufenden Male Rock der Tsodilo Hills zu übersehen, der mit 1489 Metern gleichzeitig Botswanas höchste Erhebung ist. Die Umgebung jener Berge ist anders als das unweite Okavango Delta relativ trocken und die Staubfahne die mein Jeeps hinter sich her zieht ist exorbitant lang, fein und weiß wie Kalkpuder.

Der ca. 40 Kilometer lange Weg von Schlaglochtraum namens A35 zum eigentlichen Bergareal ist problemlos befahrbar, um aber zum Fuß des Berges, wo die Guides warten, braucht man einen Allradjeep. Auf den verschiedenen Rundgängen erklären die Führer dann was man sieht und wozu es den San diente. Ich bin der Letzte vor Sonnenuntergang und habe die Ehre vom profunden Thebe durchs Gelände begleitet zu werden. Festes Schuhwerk und lange Hose bieten sich an denn es sind Schlangen unterwegs.

Die Wörter verdeutlichen es bereits: Felsmalereien sind aufgetragene Arbeiten, Gravuren hingegen sind in den Stein gekratzt worden. Eine grundlegende Gemeinsamkeit gibt es dennoch, die San erzählen damit die Geschichte ihrer Wanderungen durch das südliche Afrika und der damit verbundenen Begegnungen mit der Tierwelt. Logischerweise sind diverse Antilopen genauso wie Nashörner, Löwen und Elefanten zu sehen. Besonders interessant aber sind Zeichnungen von Walen und Pinguinen. Der Beweis, dass es die San auf ihren Wanderungen bis nach Südafrika und zurück verschlug.

Die Naturgewalt Erosion ist eine der stärksten, von daher ist es höchst eindrucksvoll mit eigenen Augen zu sehen, dass Farbe, die aus nichts weiter als Blut und Fett besteht, zum Teil über 20.000 Jahre lang Wind und Wetter trotzen kann. Angesichts derartiger, die Jahrtausende überstehender Stabilität wirken Dinge wie ein immer noch uneröffneter Berliner Flughafen oder aber ein vom Sturm Kyrill abgerissener Stahlträger am kurz zuvor eröffneten Hauptbahnhof wie gottverdammte Stümperei und es wäre wohl hochinteressant die Reaktion der nachhaltig lebenden San zu sehen wenn sie wüssten was für Schwachsinn der weiße Mann so verzapft und es Fortschritt nennt.

Die Tsodilo Hills bestehen neben anderen kleinen Hügeln aus einem markanten spitzen Hauptfelsen, den so genannten Male Rock, sowie einem niedrigeren Berg mit flachem Gipfel, den Mother Rock. Diese Konstellation bietet viele Unterschlupfmöglichkeiten und so ist es nicht verwunderlich auf Schatten und Kühle spendende Höhlen zu stoßen die z.B. fürs Kochen genutzt wurden, wie der vom Feuer geschwärzte Fels verrät. Eine andere Höhle, die damals wie heute wunderbar vor der afrikanischen Hitze schützt, diente wiederum als Gesellschaftsraum. Dort ist ein flacher Stein mit fingerhuttiefen Löchern zu finden. Auch die San hatten also schon so etwas wie Mühle, Dame und Mensch ärgere Dich nicht.

Man muss keine tausend Jahre zurückblicken um zu erkennen, dass die Grenzen des heutigen politischen südlichen Afrikas damals so nicht existierten. Die gegenwärtig im multinationalen Lebensraum der sich über Botswana, Namibia und Südafrika erstreckenden Kalahari siedelnden San konnten sich frei bewegen, sie Nomaden waren genau wie der Stamm der Khoikhoi.

Es ist also wenig verwunderlich ihre künstlerischen Hinterlassenschaften auch in Namibia zu finden, genauer gesagt im Damaraland, dem trocken-felsigen Gebiet südwestlich der Etosha-Pfanne, wo die Lebensbedingungen deutlich rauer und arider sind als in Botswana.

Das aus dem Afrikaans stammende Wort Twyfelfontein ist mit „zweifelhafte (unsichere) Quelle“ schnell ins Deutsche übersetzt und verdeutlicht mit welchen Widrigkeiten die Khoikhoi in Namibia zu kämpfen hatten wenn jährlich weniger als 150mm Niederschlag fallen. Die von ihnen in die Felsen geritzten Bilder und Gravuren sind ähnlich der San und in Ermangelung an Blut, was nichts weiter ist als Flüssigkeit, wurde weitestgehend auf Felsmalereien verzichtet. Auch die Khoikhoi verschlug es bis in die Küstenregionen, wovon Pinguin- und Seelöwenabbilder zeugen.

Anders als in Tsodilo Hills, wo die Projektionsfläche Berg Jahrtausende lang seinen Mann steht, sind die Felsen und Felstafeln von Twyfelfontein durch Erosion aber auch (man höre und staune) tektonische Aktivität sind ziemlich durcheinander gewürfelt worden. Als Entdecker der namibischen Felsbilder, die ebenfalls auf ein Alter von bis zu 20.000 Jahren geschätzt werden, gelten die deutschen Landvermesser Volkmann sowie sein Kollege Maack.

Eine Gemeinsamkeit zwischen beiden Orten, Twyfelfontein und Tsodilo Hills, ist, dass Jäger diese mystischen Ort der farbigen Felsen aufsuchten um Kontakt zu den Vorfahren herzustellen, zum Beispiel nach einer erfolglosen Hatz auf Tiere. In Twyfelfontein zeugen relativ viele der Gravuren von solchen Jagdszenen.

Ferner dienten die Abbildungen von Tieren dem Unterricht, sprich dem Wissenstransfer von alt nach jung. Ganz großes Kino ist die große Steinplatte die eine der ersten Landkarten der Menschheit wiederspiegelt. Dort symbolisieren Kreise Wasservorkommen deren Dicke und Durchmesser Angaben zum Volumen und zur Verlässlichkeit sind.

Der Star von Twyfelfontein und weltweit bekannt ist die Löwenplatte, wo neben einer Giraffe und diversen Antilopen auch der König der Tiere abgebildet ist. Sein langer rechtwinkelig geknickter Schwanz endet in fünf fingerartige Verzweigungen und auch die Tatzen weisen je fünf zehenartige Verzweigungen auf, was ein Indikator ist, dass neben der Hommage ans Raubtier vor allem der verkleidete Schamane gemeint ist.

Beide Orte verraten viel über Geschichte und Sozialverhalten des alten Afrikas. Afrikaner lebten in Stämmen und Leute wie Jäger, Schamane und auch der Häuptling spielten dabei eine sehr wichtige Rolle. Letzterer, das Oberhaupt, birgt auch das größte Konfliktpotential, denn in seiner grenzenlosen Arroganz stülpte der weiße Mann den Schwarzen – die heutigen Länder sind noch sehr jung – sein System über, verkleidete es als Demokratie und entfernte dabei historisch gewachsene Instanzen wie die Chiefs, welche dann durch willkürlich eingesetzte Governors und künstliche Machtstrukturen ersetzt wurden.

Die Menschen wiederum verlieren Halt und nur wenige fühlen sich an die neuen Oberhäupter gebunden. Dies ist einer der Hauptgründe für die blühende Gewalt in Südafrika, deren Machtstrukturen aktuell auf das zutiefst korrupte Regime von Jacob Zuma ausgerichtet sind; ein Präsident, der sich einen millionenschweren Pool bauen und diesen als Feuerlöschteich deklarieren lässt um ihn komplett durch Steuergelder finanzieren zu lassen. Es ist nicht so, dass man in Jo’Burg landet und sofort erschossen wird, aber mit statistisch 47 Morden am Tag ist Südafrika gefährlicher als manches Kriegsgebiet. Es gibt Weiße, die dies als bürgerkriegsartigen Zustand sehen.

Mehr aus dieser Kategorie