Ostdeutschlands sowjetisches Erbe

Hintergründe, Gedanken und zusammenfassendes Dossier meiner Fotoserie „Ostdeutschlands sowjetisches Erbe“.

Manch Angehöriger der westlichen Hemisphäre mag meine Fotoserie „Ostdeutschlands sowjetisches Erbe“ missinterpretieren, weil nur digital in Gut und Böse unterschieden wird. Dämonisierung, Propaganda und Verklärung vergiften heutzutage genauso das Klima wie damals. Als selbstreflektierter Mensch aber interessiere ich mich für Historie, und somit selbstverständlich auch für die Geschichte der Sowjetunion in der DDR. Diese Geschichte ist einzigartig und war – ob ich es will oder nicht – Teil meines eigenen Aufwachsens.

Es ist schon ziemlich aufwühlend und unheimlich im Nachhinein zu erfahren, dass in Vogelsang, nur 80km Luftlinie entfernt, Nuklearraketen stationiert waren. Und Vogelsang war nicht der einzige Standort für Sonderwaffen. Selbst in meinem kleinen Rüdersdorf, wo ich das Licht der Welt erblickte, hatten die Sowjets mit der 452. Abteilung der 27. Raketenbrigade todbringende SCUD-Raketen (SS-1b und SS-1c) stationiert. Todbringend? Ja, todbringend, weil mein kleines Rüdersdorf damit automatisch auch ins Visier des Westens geriet, eines logischen, potentiell (nuklearen?) Gegenschlags wegen.

Tja, wer hätte das gedacht, als wir Schulklassen dort oben in Alt-Rüdersdorf bei den Russen die sozialistische Völkerfreundschaft zelebrierten… Damit beschäftige ich mich in meiner Fotoserie „Ostdeutschlands sowjetisches Erbe“. Glücklicherweise gibt es aber auch viele Orte die nicht dem Angriff oder der Verteidigung dediziert waren; Orte des Gedenkens, die trotz typisch sowjetischer Ikonografie für eine universelle und hehre Nachricht an alle Menschen stehen:

Nie wieder Krieg! – die wichtigste Botschaft meiner Fotoserie „Ostdeutschlands sowjetisches Erbe“

Blendet man jegliche Hegemonie aus, so waren wir Ostdeutschen, so war der ganze Ostblock Teil einer ganz besonderen Geschichte. Einer Geschichte ohne Starbucks, McDonalds & Co. Die Menschen Ostdeutschlands sind 1989 nicht für Maggi-Tütensuppen und Bananen auf die Straße gegangen, sondern um sich gegen ein entmündigendes und erniedrigendes System zu stellen, um es zu entmachten. Der aus meiner Sicht unwiederholbare, unblutige Erfolg von 1989 war der Anfang vom Ende des Systems und ist die Wurzel des in meiner Fotoserie „Ostdeutschlands sowjetisches Erbe“ gezeigten Verfalls. Kein System, kein Regime, kein Imperium währt ewig!

Aber: Neue Hegemonialansprüche, mit dem Versuch ein Imperium zu errichten, haben bereits ihren Fuß in unserer Tür. US-Stützpunkte in Deutschland, von denen aus Tod bringende Drohnen überall auf der Welt Menschen ermorden, oder aber Unschuldige, die in geheime Foltergefängnisse gesteckt werden, sind in ihrem Wesen nichts anderes als Stasi-Repression oder sowjetische SCUD-Raketen im Wald von Rüdersdorf. Auch dafür steht „Ostdeutschlands sowjetisches Erbe“

Das mächtige Wünsdorf

6.000 Seelen Dorf contra Militärstadt mit bis zu 75.000 Soldaten. Die Sowjets wussten Wünsdorf, das südlich der Hauptstadt an der Bahnstrecke Berlin-Dresden gelegen ist, gut zu nutzen. Auch wenn bereits seit etlichen Jahren verlassen und komplett umzäunt, so kann der Kern des Areals, das heutige Haus der Offiziere, immer noch seine facettenreiche Geschichte erzählen.

Seewerk, die streng geheime Gefechtszentrale

Tief im Wald vor den Toren Berlins schlummert ein Geheimnis der Nazi- und Sowjet-Zeit, der Falkenhagener Bunker. Das auch als Seewerk bekannte Gelände diente den Sowjets als geheimste und wichtigste Gefechtsleitstelle im Kalten Krieg.

Krampnitz – Panzer vor den Toren Berlins

Krampnitz in der Nähe von Potsdam, vor den Toren Berlins, war ein großer Militärkomplex der Panzertruppen der ehemaligen GSSD, der Gruppe Sowjetischer Streitkräfte in Deutschland. Zeitzeugen, wie es verlassene Kasernen sind, verschwinden sukzessive, entweder weil sich die Natur unerbittlich zurückholt was ihr gehört, oder aber weil der Mensch alles dem Erdboden gleich macht. Dieses Schicksal wird auch Krampnitz ereilen, aber anders als andernorts wurde es durch den Hollywood-Film Enemy at the Gates“ untersterblich verewigt.

Vogelsang – Riesige Militärstadt mit Atomraketen

Weniger als eine Autostunde vom Berliner Ring entfernt liegt im Norden der Hauptstadt bei Zehdenick ein kleines Dörfchen in dessen Norden nach dem Zweiten Weltkrieg ein bedeutender Standort der Sowjetischen Streitkräfte entstand, die mittlerweile verlassene Garnison Vogelsang. Zu Spitzenzeiten lebten und arbeiteten in der heutigen Geisterstadt bis zu 15.000 Menschen; Soldaten, deren Angehörige sowie zivile Standortmitarbeiter. Einige von ihnen bedienten Nuklearraketen die auf den Westen gerichtet waren.

Sperenberg – Militärflughafen und Adlerhorst

Sperenberg im süden von Berlin war einer der großen Flugplätze der Sowjetarmee. Von der DDR für den großen sowjetischen Bruder erbaut, nutzten die Russen den Flugplatz bis ins Jahr 1994. Seitdem ist das riesige 24km2 messende Areal dem Verfall preisgegeben.

Elstal – Wo Nazi- und Sowjet-Symbolik verschwimmen

Beim Olympischen Dorf denkt man zunächst ans Jahr 1936, ergo an Hitler und die Nazis sowie den im dortigen Hindenburg-Haus gipfelnden Kult um den ehemaligen deutschen Weltkriegshelden und späteren Reichspräsidenten. Doch auch die Sowjetarmee nistete sich im strategisch günstig gelegenen Elstal und der dortigen Löwen-Adler-Kaserne ein. Interessant aber wird’s im Olympischen Dorf, wo eine hochinteressante, historische Melange klar erkennbarer Nazi-Elemente auf Sowjet-Ikonografie trifft.

Berlin-Mitte, das erste Berliner sowjetische Ehrenmal

Das Ehrenmal im Berliner Tiergarten ist ein Paradoxon. Es ist das erste große sowjetische Ehrenmal auf Berliner Boden, war aber gleichzeitig die einzige Gedenkstätte der Rotarmisten auf West-Berliner Territorium. Unübersehbar in Sichtweite von sowohl Reichstag als auch Brandenburger Tor.

Berlin-Treptow – die große Ikone der Befreiung von den Nazis

Das sowjetische Ehrenmal in Berlin-Treptow war Bühne des Abzugs der sowjetischen Streitkräfte aus Deutschland. Es ist eine riesige und gepflegte Grabanlage für 7200 gefallene Soldaten, deren Fokus auf der riesigen Kolossalstatue „Der Befreier“ liegt.

Berlin-Pankow – Die größte sowjetische Grabanlage

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