Ostdeutschlands sowjetisches Erbe – Seewerk: Nazi-Mysterium und geheime Sowjet-Zentrale

Tief im Wald vor den Toren Berlins schlummert ein Geheimnis der Nazi- und Sowjet-Zeit, der Falkenhagener Bunker. Das auch als Seewerk bekannte Gelände diente den Sowjets als geheimste und wichtigste Gefechtsleitstelle im Kalten Krieg.

Ungeachtet von Zeit und Ort war Wünsdorf, schon immer ein weit über seine Grenzen hinaus bekannter Militärstandort. Zunächst genutzt durch die Preußen, dann durch die Nazis und zuletzt von den Sowjets. Letzteren, der Roten Armee, diente Wünsdorf als Oberkommando, abermals weithin bekannt, so auch den West-Mächten.

Dies bedeutet Umkehrschluss automatisch, dass Wünsdorf im Konfrontationsfall angegriffen werden würde. Folglich musste ein geheimer Befehlsstand her, den niemand auf dem Radarschirm hatte: das Seewerk. Seewerk war ein Tarnname der Nazis für eine Kampfmittelfabrik der Deutschen Sprengchemie GmbH die dort „N-Stoff“ und Sarin produzierte.

Noch heute lagern dort, mitten im Wald bei Falkenhagen (Mark), Kanister und Fässer, deren Inhalt schlichtweg unbekannt ist… Und auch die das Gelände später nutzenden Russen haben sich nicht immer salonfähig verhalten. Man denke nur an Munitionsreste bzw. den Umgang mit Ölen und Schmierstoffen. Der Boden des Seewerks ist lokal sicherlich genauso stark kontaminiert, wie z.B. im ehemaligen Panzerbataillon Krampnitz.

Das sagenumwobene Gelände wurde 1945 von der Roten Armee besetzt und sukzessive zum geheimen und wichtigsten Gefechtsstand der Roten Armee außerhalb der Sowjetunion ausgebaut. Dazu bedarf es der Geheimhaltung, sogenannter Legenden, welche das Seewerk ab 1945 zunächst als Lazarett bzw. Heilanstalt verklärten und nach 1959 als großer Kfz-Instandsetzungsbetrieb.

Seewerk, nur circa eine Autostunde von der Großstadt entfernt

Bis 1965 war die NVA mit dem Ausbau der Seewerk Anlagen zum Großbunker und einer Gefechtsleitstelle beauftragt. Danach jedoch durfte kein Deutscher mehr das Gelände betreten. Die Gefechtsleitstelle selbst verfügte über einen heißen und direkten Draht nach sowohl Wünsdorf als auch Moskau und war offenbar nicht in das strategische Troposphärenfunksystem BARS des Warschauer Pakts eingebunden.

Somit war der Bunker von Falkenhagen wohl ein reines Sowjet-Ding, in das niemand anders reinfunken konnte. Diese Sonderstellung ergab sich aber wohl erst ab 1979 und primär bedingt durch die politische Gesamtsituation in Polen und Osteuropa.

Neben dem Bunker hat das Seewerk diverse Versorgungsgebäude, einen Exerzierplatz und auch eine Sporthalle. Letztere verbildlicht wie kein zweiter, in welch schlimmen Zustand sich die Baumasse befindet. Die vielen unbekannten Altlasten als auch versteckten Luftschächte der Bunkeranlage lassen das Betreten des Areals zur Lotterie werden, weshalb die Behörden in 2012 die Schließung des Geländes verfügten.

Zwischen 2012 und 2019 lag das Gelände im Osten Berlins abgeschottet brach. Es gab wohl der (Nach-) Nutzung wegen erhebliche Querelen. Derart erheblich, dass Lokalzeitungen regelmäßig darüber berichteten. Was nicht ungewöhnlich ist, so war und ist es ja auch mit Wünsdorf. Allerdings scheint das Gelände aktuell erfolgreich gepachtet worden zu sein und sorgt in der Soft- und Paintball Community für Spaß. Hier gibt es ein Drohnen-Video des Seewerk-Geländes zu sehen.

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