Ostdeutschlands sowjetisches Erbe – Das Treptower Ehrenmal
Als kleiner Junge war ich schwer vom Besuch des Treptower Ehrenmals beeindruckt. Auch heute ist das noch so, nur das der Besuch in diesen Tagen generell freiwilliger Natur ist und nicht von der Schule organisiert erfolgt. Dennoch hat uns das damals nicht geschadet. Im Gegenteil, bekommt man doch ganz unabhängig von der Gesellschaftsordnung ein Gefühl dafür, was Geschichte und Krieg bedeuten und was es zu verhindern gilt. Die Anlage liegt versteckt im Treptower Park und von außen geben nur die Triumphbögen aus Granit einen Hinweis darauf, was sich hinter den Baumwipfeln versteckt.
Neben Wünsdorf, dem Oberkommando der GSSD, war das sowjetische Ehrenmal von zentraler, allerdings eher symbolischer denn militärischer Bedeutung als es für die in der ehemaligen DDR stationierten sowjetischen Truppen (GSSD) nach Hause ging. Ein kleines Video davon ist auf YouTube verfügbar.
Mein fotografischer Besuch des Ehrenmals ging auch gleich in die Vollen, als uns ein grummelig-zauseliger alter, und vor allem wenig vorwärts gewandten Besser-Wessi (ja, diesen Typ Mensch gibt es, leider) über den bösen Sowjet zwangsaufklären wollte, selbst aber nie Kontakt mit diesen Menschen bzw. deren System hatte. Wenn man seine Wortwahl sezierte, wirkte da noch gewaltig die alte Nazi-Indoktrinierung nach, was seine Ehefrau mit einem Distanzieren á la “der gehört nicht zu mir” quittierte. Anmerkung: Für mich gibt es eigentlich nur Landsleute. Wessi genauso wie Ossi sind für mich Begriffe für jene Menschen, deren Denken vor 20, wenn nicht sogar noch mehr Jahren eine Weiterentwickelung verweigerte.
Die 10 Hektar große Anlage des Ehrenmals beheimatet die Gräber von über 7.000 sowjetischen Soldaten und wurde am 8. Mai 1949, am vierten Jahrestag der Kapitulation Hitler-Deutschlands eingeweiht; sie entstand damit in einer Ära des typisch Stalin-Monumentalismus in der z.B. auch der Warschauer Kulturpalast errichtet wurde.
Betritt man das Mahnmal durch den Triumphbogen von der Puschkinallee her, dann fällt einem bereits auf dem Vorplatz die zentrale Statue „Der Befreier“ von Jewgeni Wutschetitsch auf, die einen Soldaten mit Langschwert und einem Kind im Arm darstellt. Die Statue selbst steht auf einem zerschmetterten Hakenkreuz und ist etwas mehr als 30 Meter hoch.
Die Hauptachse des Ehrenmals, der Weg zur Statue, ist von 16 marmornen Sarkophagen gesäumt welche in Reliefs die Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges nacherzählen. Eine Besonderheit bilden dabei die letzten zwei Sarkophage. Sie stehen stellvertretend für das “heldenhafte Sterben” in einer Linie mit der Statue.
Um eine solche Fotoserie zu schießen ist man länger und auch mehrmals vor Ort. Es ist schon ein leicht verstörender Anblick nahezu jedes Mal aufs Neue die Generationen Hipster und McDonalds Hand in Hand gehend mit neuen Möchtegern-Berlinern dort halbnackt übers Gelände hampeln zu sehen als wären sie Sechsjährigen, als würde in ihrem Koordinatensystem etwas Grundsätzliches in Sachen Sozialkompetenz fehlen…
Ok, einem Sechsjährigen hätte man die unqualifizierten Äußerungen ggf. noch verziehen als man gezwungenermaßen, weil am gleichen Ort verweilend, verbal mit gefährlichem historischen Halbwissen zwangsbeglückt wurde. Erschreckend, wie dumm manche Menschen sind wenn es um Geschichte geht… Bzw. welches Bild der Geschichte ihnen mitgeteilt wurde und sie dies nicht aktiv hinterfragen, womit wir wieder beim eingangs erwähnten alten Zausel wären…
Das Gelände wird durch die zum Objektschutz verdonnerten Beamten der Berliner Polizei bestreift. Graffiti und Schmierereien auf den Statuen verhindern diese, in ihren warmen Autos sitzenden, oftmals physisch unfit wirkenden Herren nicht. Alkoholkonsum, Fahrradfahren und das Entleeren von Kötern in der Vegetation des Geländes ist leider allgegenwärtig. Gedenken, so wie am Eingang vorgeschrieben, sieht anders aus. Da labert der Berliner gern großspurig drüber anstatt Taten sprechen zu lassen.
Die Serie “Ostdeutschlands sowjetisches Erbe” mache ich weil ich mich für Geschichte interessiere. Deutschland und Russland sind heute wie damals eng miteinander verwoben, erlebten zusammen sowohl Stern- als auch dunkelste Stunden. Genau hier soll diese Fotoserie einhaken. Nicht als Wertung oder Propaganda, sondern einfach als Dokument und Denkansatz.
Diese Fotodokumentation entstand in Zusammenarbeit mit einem Fotografenfreund Torsten Goltz.
Mehr bei WikiPedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Sowjetisches_Ehrenmal_(Treptower_Park)