Riesenmuscheln und goldene Quallen – Palau

Die Inseln des gut 1500km östlich der Philippinen gelegenen Palau Archipels gucken allesamt aus dem Wasser, als ob irgendjemand mitten im türkisblauen Nirgendwo des Pazifiks großzügig mit grünen Farbtupfern kleckerte. Vor tausenden von Jahren drückte ein tektonischer Hebungsprozess die über 356 Eilande eine Etage höher, die nun wie steinerne Pilze mit bewaldetem Hut aus dem Ozean lugen. Das submarine Leben in und an der Palau Lagune ist weltweit einzigartig. Selbst wenn man nur knapp unter der Wasseroberfläche schnorchelt statt mit Pressluft zu tauchen, wird man unweigerlich Augenzeuge kloschüsselgroßer Riesenmuscheln, von Haien und von in alle Farben dieser Welt getauchten Fischen. Palaus größtes Naturwunder ist ein in sich geschlossener See in dem tausende goldener Quallen im Takt des Sonnescheins umher paddeln, der Jellyfish Lake.

Hat man die stumpfsinnigen fünfmaligen Security Checks auf dem Flughafen Manilas bei denen alles noch und noch einmal geprüft wird überlebt steht mit Continental Airlines die nächste Ernüchterung ins Haus. Der Flug mit dem wohl schlechtesten Essen meiner Reisekarriere landet mitten in der Nacht auf dem Flugplatz von Koror. Erstaunlich wie Grenzbeamte und Zöllner trotz der 2:00 Uhr Marke derart freundlich sein können… Es wird eine kurze Nacht denn wer will schon den Aufenthalt in einem solchen Inselparadies verschlafen? So oder so hätte der Kakadu im Palmenwald nebenan um 6:00 Uhr in der Früh eh sein laut krächzendes Veto eingelegt…

„Eigentlich gehen immer Boote raus“ nimmt mir meine Gastgeberin Lazzarena alle Sorgen. Dann kommt er auf die Idee mich mit einer chinesischen Familie aus Guangzhou bekannt zu machen, die haben ein Boot gechartert und könnten sich über einen Unkostenbeitrag freuen. Gesagt getan geht es an Bord eines kleinen Speedboats vom Hafen entlang des Lagunenrands mit 5 Chinesen im Gepäck gen Süden. Doch vorher muss erst die Erlaubnis eingeholt werden die Inselwelt und den Jellyfish Lake besuchen zu dürfen, was gegen Zahlung von 35 US$ erledigt schnell ist. Dann erst beginnt die ca. 45-minütige Bootsfahrt.

Wir holpern im Takt der zwei 150 PS Motoren über die Wellen zur Insel Eil Malk, der Y-förmigen Hauptinsel der Mecherchar Inselgruppe. Man mag kaum glauben das es in den 3 Wochen zuvor fast jeden Tag ausgiebigst regnete und wenig Sonnenlicht auf die verwunschen wirkenden Inseln fiel. Auch heute Vormittag ist es nicht wirklich sonnig, im Fall des Jellyfish Lakes () aber entpuppt sich das als Vorteil. Fotografisch gesehen ist das Licht bei fehlender Sonne logischerweise zwar eher flach und nicht so spannend, die ca. Tennisball großen Quallen steigen dann allerdings höher um mehr Sonnenlicht erhaschen zu können, was wiederum bedeutet mehr sehen zu können und näher dran zu sein.

Die Tiere leben in Symbiose mit Algen die natürlich nur bei entsprechender Sonneneinstrahlung Photosynthese betreiben können. Sind die Lichtverhältnisse bescheiden, steigen die Quallen höher, ist man unmittelbar umringt von dutzenden Tieren und es werden hunderte wenn man den Blick in die ferne des Sees schweifen lässt. Das sich in der Kappe der kleinen glitschigen Nesseltiere wiederspiegelnde Licht ist wunderschön und changiert je nach Sonneneinstrahlung zwischen Gelb- und Orangetönen. Gleiches gilt für den See, dessen Wasser die Sonne mal in kaltem Türkisblau und dann wieder in sattem surrealem Grün erstrahlen lässt.

Gierig saugen die Augen alle Eindrücke auf und der Kopf folgt jede Sekunde aufs Neue einer anderen Qualle. Manche paddeln gemächlich von A nach B, andere wiederum scheinen es eilig zu haben. Es gibt mehrere dieser Seen in Palau, aber nur einer ist der Öffentlichkeit zugänglich. Der leicht salzige See ist übrigens an der Oberfläche kälter und wird mit zunehmender Tiefe wärmer, was dafür spricht, dass er einen Zugang zum Ozean hat und auch von Süßwasserquellen gespeist wird. Letzteres erkennt man wenn sich beide Wassermengen am Mischen und unterschiedliche Temperatur und sowie Salzgehalt dafür sorgen das vor den Augen alles verschwimmt.

Der Jellyfish Lake ist ein in sich geschlossenes Ökosystem, daher ist es wichtig ihn nicht unnötig zu kontaminieren. Pullern vom Beckenrand ist also genauso verboten wie Daheim und das vorherige Einschmieren mit Sonnenmilch ist auch alles andere als erwünscht. Ein T-Shirt bzw. sogar Tauchanzug schützt übrigens genauso gut vor der alles verbrennenden Sonne. Gerätetauchen ist im See nicht erlaubt und wenn man Glück hat kann man den See nahezu allein genießen, wenn nicht die stark ausgeprägte Tourismusindustrie Palaus vorher Boot(e) mit in Schwärmen auftretenden Touristen aus Fernost auskippte, denn touristisch gesehen ist Palau in fest chinesisch-japanisch-taiwanesischer Hand, allesamt Länder die maximal 5 Flugstunden entfernt liegen.

Die Mittagspause wird immer an einem der zahlreichen Strände gemacht, wobei man angesichts grandiosester Schnorcheleindrücke sowohl die stets voran schreitende Zeit als auch selbst intensivsten Hunger schnell vergisst. Innerhalb der Lagune trifft man auf viele Papageifische. Die sind zwar schön bunt, fressen aber die Korallen und scheiden feinen Korallensand aus. Die Riffe innerhalb der Palau-Lagune können daher durchaus auch mal gespenstisch wirken. Ein oft gemachter Stopp ist der in der Bucht von Milky Way (). Die Tourismusindustrie beschreibt den dort über die Jahre unter Wasser gesinterten Korallenkalk gern fälschlich als äußerst feinen Sand, kleben aber tut das Zeug gut und es gehört zu den Highlights einer Bootstour durch die nördlichen Felseninseln sich dort einmal komplett von oben bis unten weiß einzuseifen.

In den nächsten Tagen geht es auf unterschiedlichen Touren ohne Chinesen, dafür aber mit meiner Tauchpartnerin Mili, noch einmal zum Jellyfish Lake, diesmal mit Sonnenschein, und dann zu den restlichen nördlichen als dann auch südlichen Felseninseln. Mili lebt auf Palau und kennt die Inseln natürlich wie ihre Westentasche. Sie begleitet mich zu namhaften und wunderschönen Orten wie dem Long Beach, zur submarinen Steilwand des Big Drop-Off und natürlich auch zum German Channel. Letzterer ist eine von den Deutschen 1909 in der Nähe der Chelbacheb Inseln ins Atoll gefräste Fahrrinne zur Erleichterung des Phosphatabtransports (). Am Übergang von flach zu tief sind am German Channel ab und an auch Mantas anzutreffen.

Wirklich beeindruckend ist ein Tauchgebiet names Big Drop-Off (). Dort fällt eine ca. 250m steile Wand abrupt ab, eine Wand die oben von Korallen und unten von den etwas größeren Fischen besiedelt wird. An ihr werden Nährstoffe nach oben gespült, was den Ansturm von Fischen und anderen Tieren erklärt das Wasser aber ein wenig “dreckiger”, sprich Partikel belasteter werden lässt. Ähnlich spektakulär ist der Peleliu Drop-Off dessen Strömungsverhältnisse unachtsame Taucher bis zu den Philippinen (1500km weiter westlich) mitreißen können.

So oder so trifft man in Palau schnell auf Superlative, so z.B. auf die bis zu kloschüsselgroße Riesenmuscheln Tridacna, deren samtige Lippen in allen Farben dieser Welt schillern können. Mit einer Hand oder gar einem Fuß sollte man dort allerdings nicht hinein geraten! Diese Muscheln trifft man häufig mang den zentral gelegenen Felseninseln an.

Ein anderes spektakuläres Tauchgebiet liegt südwestlich bei den Ngemelis-Inseln und sozusagen um die Ecke der feinweißen Strände der Carp Islands. Selbst für Schnorchler bietet die Blue Corner () ein nie gewesenes Erlebnis mal man inmitten von 20 Riffhaien zu schwimmen und jeden einzelnen anfassen zu können. Für Unerfahrene gilt es dann sich gut zu konzentrieren und keine Panik auf die Tiere zu übertragen, daher ist es besser jegliche Spielerei wie z.B. eine Unterwasserkamera beiseite zu packen und den Moment einfach nur für sich zu genießen.

Musik: Tom Middleton – Astral Projection
Ein Problem bzw. Phänomen das man überall in Palau antrifft ist das Vermengen von Wasser unterschiedlichen Salzgehalts. In den Videos kann man das sehr gut erkennen, wenn plötzlich alles verschwimmt als ob Hitzeflimmern einsetzt. Filmisch ist dieser Moment nicht allzu tragisch und schnell vorbei, fotografisch produziert man dabei allerdings viel, um nicht zu sagen sehr viel breiigen Ausschuss.

Egal ob bei Kaiserwetter oder aber Wolken behangenem Himmel, die kleinen Inseln machen immer eine gute Figur. Besonders genießen kann man dies in den Morgen- und Abendstunden an den Seventy Islands, einer Gruppe von Felseninseln im Westen des Palau Archipels. Allzu nah kann man an sie aber nicht ran, da sie ein Schutzgebiet für Fauna und Flora darstellen.

Mit Horizont erweiternden Eindrücken wie diesen geht gen Heimat und diesmal vermag es auch nicht die grauenhafte Continental Airlines einem das Grinsen aus dem Gesicht zu verbannen. Palau, ein wunderbarer Fleck Erde!

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