75 Jahre – 75 Ehrenmale – Etappe 1: Der Berliner Nordosten

Etappe 1 des Fotoprojekts „75 Jahre – 75 Ehrenmale“, am 8. Mai über Berlin-Buch, Bernau, Seefeld und Blumberg, nach Ahrensfelde und Marzahn, sowie Alt-Hohenschönhausen, Lichtenberg, Rummelsburg nach Treptow, zu den Hauptfeierlichkeiten.

Tourstart ohne Ehrenmal

Hier findest Du die 1. Etappe2. Etappe3. Etappe4. Etappe5. Etappe6. Etappe7. Etappe dieses Fotoprojekts

Die S-Bahn steht in Karow. Personen im Gleis. Juhu, das fängt ja gut an…, dieser 8. Mai 2020. Wahrscheinlich Alu-behütete Separatisten die vor Zwangsimpfungsfantasien flüchten. Also trete ich bereits zwischen Karow und Buch in die Pedale, wenn auch ungeplant. Ehrenmale gibt es auf dieser Etappe nicht, sondern nur Datschen, Datschen und nochmals Datschen. Lediglich durchpflügt von Vollidioten, die mit ihren SUVs über Sandstraßen ballern und alles einstauben was kreucht und fleucht. Oma regt sich auf, Opa regt sich auf, Vaddi regt sich auf und auch ich bedanke mich bei diesen Asozialen mit einem saftigen „Fuck you very much!“

Am Ehrenmal in Berlin-Buch angekommen, ist nicht nur die lokale Linke und auch Kommunistische Partei zugegen, sondern auch bereits die Polizei. Offensichtlich sind für 10 Uhr die ersten Feierlichkeiten geplant. Blumen und Kränze sind schon niedergelegt worden, als Opa beginnt irgendwas durch die Corona-Maske ins Mikro zu brabbeln. Ich entfliehe der politisch angehauchten Szenerie gen Bernau, wo ich Oma, Opa und Enkel beim Blumen niederlegen filmen darf. Darauf schließt sich ein sehr nettes Gespräch an. Entspannte und coole Sache :-)

Weiter geht’s durch Wald und Felder gen Seefeld, wo sich das Ehrenmal auf dem Dorfanger befindet. Ein wunderschönes kleines Dorf, das von der Pest namens B158 heimgesucht wird. Auto an Auto, LKW an LWK, Schwanzverlängerung an Sportwagen-Wichser. Kurzum, ein egozentrisches Defilee all dessen, was diesen Planeten aktiv schädigt. Die Tour führt mich weiter nach Blumberg, dessen Ehrenmal versteckt im Wald liegt. Alles deutet auf Sackgasse hin, aber dann kommt noch mal ein kleiner Weg nach links. Die dort versammelten dörflichen und Blumen niederlegenden Eliten diskutierten hitzig die Folgen von Corona. Keiner der dort am Ehrenmal Beerdigten mag wohl je gedacht haben, das die Welt am 8. Mai mal wegen eines Virus Kopf steht.

…und wieder stadteinwärtes, auf der fuckin’ B158

Die Fotos sind im Sack, also weiter nach Ahrensfelde, dessen sowjetisches Ehrenmal unfehlbar an der Lindenberger Straße liegt. Auch hier werde ich wieder Zeuge vieler Blumen niederlegender Menschen. Unweit treffe ich auf ein paar Biker Jungs, die ob meines Bikes aus dem Häuschen sind :-) Zack entbrennt sich eine den Bürgersteig okkupierende Fachsimpelei. Die Kids sind cool. Die Frage, ob ich YouTuber sei mag befremden, aber so ist es nun mal heutzutage. Die Welt und auch seine Kommunikationsformen haben sich verändert. Was übrigens einer der Hauptgründe meines Ehrenmal-Projekts ist, denn echtes Gedenken, das Nachdenken darüber, erfolgt definitiv auch online oder aber in sozialen Medien. Kleiner Gruß an die CDU ;-)

Es geht weiter zur nächsten Haltestelle. Kein wirkliches Ehrenmal, sondern, der Überlieferung nach, das erste befreite Haus Berlins. Früher bin ich hunderte Male über die Landsberger gen Stadt gedüst. Mir ist dieses Haus kurz vor der Marzahner Mühle trotz mega Wandbild nicht mal ansatzweise aufgefallen. Die vor Ort Wache stehenden Polizisten sind entspannt. Grundsätzlich habe ich die Berliner Polizei in der der gesamten Corona-Zeit resolut aber mit Augenmaß erlebt. Mein Kompliment. Ich wünsche einen ruhigen Dienst und düse weiter gen Ehrenmal in Marzahn. Dort treffe ich zwei Bier-schwangere Deutsche, die in der prallen Sonne dem Budweiser frönen. Sie haben definitiv einen in der Krone, sind aber nett, unaufdringlich und rehabilitieren sich durch’s Zeigen auf Budweiser und pralle Sonne :-) Viel zu erzählen haben sie, passen aber auch exzellent auf mein Bike auf.

Hinzu gesellen sich viele Russen. Die Konversation beginnt. Ich werde nach dem Zweck meines Tuns gefragt. Neben zitternder Stimme, des in Marzahn gebetteten Papas wegen, ist auch Wodka im Spiel. Echte, authentische Emotionen. Ich liebe es, so traurig der Anlass für andere auch sein mag. Ich erinnere mich an meinen Opa, der mit 19 gegen die Russen an die Ostfront gezwungen wurde. Zwei Länder, zwei Herkünfte, ein ähnliches Schicksal (das des Krieges) und ein Moment (das Zusammenkommen in Marzahn). Meine nächste Etappe ist das Ehrenmal in Alt-Hohenschönhausen, unweit des ehemaligen Stasi-Gefängnisses. Die hier Anwesenden wirken irgendwie auch so. Sie sind nett, ohne Frage. Ich helfe gern beim Selfies schießen. Mein halbes Ohr aber fängt Phrasen auf, die DDR-lastiger nicht sein könnten… Nüscht wie weg hier!!!

Alle Wege führen nach Treptow

Die dämlichen Ampelschaltungen des Berliner Ostens verzögern meine Fahrradfahrt. Wie blöd muss man sein rot auf grün zu schalten und nur 5 Sekunden Zeit zu lassen?! Ne Oma kommt hier nicht sorgenfrei rüber ohne von den vierrädrigen Idioten aufs Korn genommen zu werden… Mein Hintern wird breiter, die Laune leidet und nach 70 Kilometern schmilzt mein Respekt vor roten Ampeln, ein wenig. Egal, in Lichtenberg wartet bereits das Ehrenmal am Ende der Herzbergstraße auf mich. Von Bäumen umringt und ein wenig versteckt liegend, treffe ich am Ehrenmal auch ein paar Neu-Berliner, die dort ihren Sekt genießen. Merkwürdige Szene, aber Cheers! Ich pflüge durch die lokale Lichtenberger Döner-Goldbrand-Elite gen Rummelsburg, wo direkt vor der Kirche in der Nöldnerstraße meine finale Etappe wartet.

Hier gibt es die Route und Daten dieser Tour auf Komoot

Am örtlichen Baum ist nicht nur mein Bike angeschlossen, sondern auch ne Mülltüte mit unendlich vielen Schnapsflaschen. Ein später, zweiter Gruß der lokalen Jägermeister-Wodka-Fraktion! Ich lasse diese Tour am 8. Mai, dem Tag der Tage am Treptower Ehrenmal ausklingen. Die nördliche Seite des Ehrenmals wird renoviert und ist zum Tag der Tage nicht fertig. Sieht wie ne kaufmännische Entscheidung aus… Egal. Schön, dass dieser Anlass so viele Menschen hierher zieht. Und dann verschlingt mich nach 60 Kilometern und 2:49 Stunden die Menschenmenge des Treptower Ehrenmals.

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